Literatur und Musik

„Die Sehnsucht der Sprache nach der Musik“
Robert Schumann und die Romantiker

Seit jeher wohnt der Sprache das Bedürfnis inne, die Dimension bloßer Begrifflichkeit zu überwinden und sich Räume zugänglich zu machen, die der Musik vorbehalten scheinen. Gerade die Romantiker sind es gewesen, die sich in ihrem Ungenügen an hergebrachten Ausdrucksformen und in ihrer Suche nach neuen und authentischen Erfahrungs- und Ausdruckswelten an diesen Potentialen der Sprache entzündet haben. Dem folgend ist es ein Grundsatz romantischer Ästhetik gewesen, die Grenzen zwischen den Künsten aufzuheben, namentlich die zwischen Musik und Literatur. Das Wort sollte von der Bindung an seine Funktion im Informationstransfer befreit und die Sprache der Musik angenähert werden.

So war den Romantikern das Reich, wo Musik und Sprache ineinander fliessen, eine faszinierende Verheißung in ihrem Bedürfnis nach Auflösung erstarrter Formen und Schemata. Es ging ihnen um Befreiung hin zu etwas Neuem, das sie auch in der Erinnerung an Uraltes, in der Sage, im Märchen, im Traum, in der freien Phantasie, im Fragment, im „Intermezzo“, in der „Arabeske“ suchten, und das einem Erleben Ausdruck versprach, das dafür im Gängigen den Raum nicht fand; ein schöpferisches Unbehagen, das sich beileibe nicht nur an gängigen Formen der Kunst, sondern auch an denen des menschlichen Lebens und Zusammenlebens stieß.

Diese Strömung hat sich auch im Künstlertum ganz besonders des jungen Robert Schumann manifestiert, der ja zeit seines Lebens eine enge Beziehung zum Wort hatte, der sich lange Zeit nicht sicher gewesen ist, ob er seine künstlerische Berufung in der Musik oder in der Literatur zu suchen habe, und dessen Musik denn auch immer wieder eine „literarische Qualität“ attestiert wird.

Diesen Grenzbereich also, wo Wort und Musik einander suchen, sich nacheinander „sehnen“, und in dem Robert Schumann so beheimatet gewesen ist, will unser Programm in ausgesuchten Texten von Eichendorff, Novalis, E.T.A. Hoffmann, Schlegel, Wackenroder, Bonaventura, Jean Paul und vom jungen Schumann selbst in Verbindung mit seiner Musik einerseits reflektieren; und andererseits wollen wir versuchen, das von den Romantikern wie von Robert Schumann gesuchte Grenzland zwischen Sprache und Musik durch das Verweben beider zu einem dichten Gespinst unmittelbar erfahrbar zu machen. Anders - und ein Bild der Romantiker zitierend - ausgedrückt, wir wollen versuchen, auf diese Weise einen Teppich zu knüpfen, der uns in Gegenden tragen soll, wo spürbar wird, was es mit der Romantik auf sich hat.

Sprecher und Textauswahl: Bernt Hahn
Klavier: Sheila Arnold

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