Von Eskimos und MangosPiano News Ausgabe 6/2003 |
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Thème varié? - ein Wortspiel! Das Thema der CD ist die Variation im mehrfachen Sinn, da drei verschiedene Themen variiert werden: zunächst das musikalische Thema der jeweils gespielten Werke, zum anderen das Thema Tasteninstrument, das Thema Spieltechnik und darüber hinaus das Thema der sogenannten Frauenmusik. Schade nur, daß das heutzutage überhaupt noch ein Thema ist. Denn das Thema Männermusik gibt es nicht, glaube ich. Naja, das soll aber nicht Gegenstand der folgenden Gedanken sein... Übrigens ist mir der englische Begriff: HIP Historically
Informed Playing- sehr sympathisch. Historisch informiert zu sein heißt
für mich, um die stilistischen Details zu wissen, aber unkompliziert
und spontan genug zu bleiben, die Musik dieser Zeit lebendig zu vermitteln.
Hat Musik nicht in erster Linie mit der Idee der Kommunikation zu tun?
Alles andere: das Instrument, das Wissen um Stil und Technik im weitesten
Sinne, sollten vorhanden sein, aber doch nur als untergeordnetes Fundament,
nicht wahr? Jedenfalls, als Bernhard Wallerius meinen Programmvorschlag sah, hatte
er sofort die Idee, die Werke auf unterschiedlichen Instrumenten aufzunehmen.
Und vor der großen Instrumentensammlung des WDR konnte ich schlecht
widerstehen! So wagten wir das Abenteuer. Wir entschieden uns für
das zweimanualige Dowd-Cembalo von 1974 (Nachbau eines F&N Blanchet
von 1730), den historischen Erard-Flügel von 1839 und einen der Steinway-D-Konzertflügel.
Die beiden hervorragenden Klaviertechniker Hans Giese und Paul Müller
haben die Aufnahmesitzungen mit großem Engagement und Begeisterung
betreut. Daher versuche ich, die Neugier meiner Studenten anzuregen. Was natürlich sehr gemischte Reaktionen auslöste! Beim letzten Klavierkurs stand mir neben einem modernen Konzertflügel auch ein Hammerflügel zur Verfügung. Manche waren begeistert, andere am Rande der Verzweiflung. Der Hammerflügel erfordert eine grundlegende Umstellung der Spielweise. Denn das einzig Identische ist, daß man jeweils Tasten nach unten bewegt. Doch WIE...? Reine Feinmotorik - besonders beim Cembalo. Hier erlebt man übrigens etwas Einzigartiges, was uns Pianisten sonst nie vergönnt ist: Der scheinbar direkte Kontakt zu den Saiten. Bei einer bewußten und entspannten Ausführung mit gutem Tastenkontakt spürt der Spieler, wie der Kiel die Saite bis kurz vor dem Auslösen spannt, erst ganz zum Schluß die Saite in Schwingungen versetzt und den Ton freigibt. Die verschiedenen Register und deren Kopplungen ermöglichen ein Feuerwerk an Farben. Was man beim Cembalospiel am meisten lernt, ist der Umgang mit der Agogik, genaue Artikulation und bewußte Differenzierung von non legato über legato bis legatissimo Gestaltungsmittel, die dem Werk Flexibilität und Dynamik geben, da objektive Dynamik nur äußerst begrenzt möglich ist und es bei den meisten Cembali auch noch kein Pedal gab. Auch bei den frühen Hammerflügeln ist die reine Fingertechnik, sind die differenzierten Anschlagsnuancen allein durch die Finger unabdinglich. Erst bei Beethoven kommt die Gewichtstechnik ins Spiel. Statt der Register gibt es hier eine Auswahl an Pedalen. Die gängigsten sind das Una Corda (links), der Moderator (Mitte), die Dämpfungsaufhebung (rechts). Dabei ist es hochinteressant, zu entdecken, daß das Una Corda vieler Hammerflügel bis ca. 1825 eine völlig andere Wirkung auf den Klang ausübt als das des modernen Flügels! Der Ton wird dünner, silbriger, wirkt manchmal fast cembaloartig, und das rechte Pedal ist in seiner Wirkung längst nicht so hallig wie das heutige, da der Ton an sich schlanker, klarer und transparenter ist. Das Moderator-Pedal funktioniert im Prinzip genauso wie jenes, das heute manchmal bei Klavieren zur Schonung der Nachbarn eingebaut wird. Hier legt sich ein Filzsegel zwischen Saiten und Hammerkopf, das macht den Ton sehr leise und samtig. Beim Hammerflügel sind es manchmal einzelne Filzstreifen pro Hammerkopf.
Nicht, daß Sie denken, ich würde mich so allmählich vom modernen Konzertflügel verabschieden! Ganz und gar nicht. Sicher werde ich stets zweigleisig fahren, veranlaßt allein schon durch die Duo-Partnerschaft mit meinem Mann (sonst würden wir uns ja gar nicht mehr sehen...!). Es gibt für mich aber nicht das ultimative Entweder-Oder. Dafür liebe ich den Steinway-Flügel zu sehr. Natürlich werde ich stets die Werke von Scarlatti oder Bach bis Komarova auf diesem Instrument genießen. Aber die Beschäftigung mit verschiedenen Instrumentenarten ist einfach anregend und horizonterweiternd. Hat man erst einmal erlebt, welche Instrumente den Komponisten zur Verfügung standen, bekommt man eine Ahnung, was die Klangvorstellungen waren, die sie zu ihren Werken inspiriert haben. Solche Erkenntnisse könnte man dann auch auf die Dimensionen des modernen Konzertflügels übertragen. Allerdings würde ich mich freuen, wenn der Hammerflügel seine Identität noch mehr auch als neuartiges modernes Instrument festigen würde und Komponisten unserer Zeit seine vielfältigen klanglichen Möglichkeiten nutzen und für ihn schreiben würden! Das Cembalo hat diese Renaissance ja längst erlebt, denn es existiert nicht nur in historischer, sondern auch in moderner Bauweise und es gibt bereits zahlreiche Werke des 20. Jahrhunderts von so bedeutenden Komponisten wie Stravinsky, de Falla, Martin, Poulenc, Ponce oder Ligeti. |
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Sheila Arnold |